Nähen für Tourist*innen
Oft bringen wir lokale Produkte von Reisen mit nach Hause. In manchen steckt viel Geschichte.
Viele Länder sind auf die Einnahmen aus dem Tourismus angewiesen. Deshalb auch bringen sie spezielle Produkte für Tourist*innen auf den Markt. Hinter einigen Sachen verbergen sich spannende kulturelle Entwicklungen.
Ein schönes Beispiel ist eine Schürze aus den 1970er-Jahren aus Guatemala. Sie kommt aus Panajachel am Atitlan-See. Dieser Ort wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einem Anziehungspunkt für Touristinnen und Aussteiger. Heute ist es eines der wichtigsten touristischen Zentren des Landes.
Für den stetig wachsenden Touristenmarkt wurden spezielle Kleider und Accessoires erdacht und dafür neue Techniken eingeführt. Patchwork heisst hier das Stichwort. Stoffreste oder ausrangierte Textilien, die auf verschiedenste lokale Maya-Webtraditionen zurückgingen, wurden und werden verwendet, um für Tourist*innen praktische Kleidungsstücke sowie Rucksäcke anzufertigen.
Teile der Schürze sind in der Ausstellung «Stückwerk» zu sehen. Ebenso wie sogenannte Mola-Blusen der Guna aus Panama.
Als Mola bezeichnen die Guna rechteckige Textilstücke. Sie bestehen aus Stoffresten, die in mehreren Lagen miteinander vernäht werden. Durch das Heraustrennen und Umnähen von einzelnen Flächen ergibt sich jeweils ein Motiv. Die Stücke werden auf Vorder- und Rückseite der Blusen genäht.
Nicht mehr von Hand
Für die Guna ist der Verkauf von Mola-Blusen an Tourist*innen seit den 1960er-Jahren eine wichtige Einkommensquelle. Dafür hat man auch von Hand auf Nähmaschinen umgestellt. Dies obwohl das Nähen von Hand für die Guna friedliches Zusammenleben verkörperte.
Die ersten Blusen wurden im späten 19. Jahrhundert hergestellt. Mit der Missionierung kamen neue Moralvorstellungen auf: Der Oberkörper etwa musste bedeckt werden. Die Frauen der Guna verstanden die Blusen als zusätzliche Hautschicht und übertrugen die Körperbemalung auf die Kleidung. So drückten sie dennoch ihre Identität aus.