Von Basel nach New York
Im Metropolitan Museum of Art (Met) in New York hängen momentan «Tikal-Tafeln» des MKB. Restauratorin Judith Huber berichtet, wie so ein Transport abläuft.
Fast 100 bahnbrechende und nur sehr selten ausgestellte Meisterwerke sind bis Anfang April in New York zu bewundern. So preist The Met die Exponate der Ausstellung «Lives of the Gods: Divinity in Maya Art» an.
Im Falle des Ensembles von sieben Türsturzbalkenfragmenten aus einem Tempel in Tikal, im heutigen Guatemala, aus dem 8. Jahrhundert trifft das auf jeden Fall zu. In der Ausstellung sind sie das einzige Werk aus organischem Material. Aus widerstandsfähigem Zapoteholz gearbeitet, mit reichgeschnitzter Schauseite, sind sie trotz feuchtwarmem Regenwaldklima über die Zeit erhalten geblieben.
Nach wichtigen Vorbereitungsarbeiten
Begleitet wurden sie auf ihrer Reise von Basel nach New York von Judith Huber, Leiterin der Abteilung Restaurierung und Konservierung am MKB. Los ging es an einem Donnerstag im November. D.h. bereits vorher war das Team der Konservierung-Restaurierung am MKB am Werk, fertigte für jedes der sieben hölzernen Balkenfragmente ein Zustandsprotokoll an und sorgte in Zusammenarbeit mit einem Basler Metallbauer für die objektangepasste Halterung für die Ausstellung.
Gut nachvollziehbar, für alle Fälle, wurde zudem festgehalten, wie die Halterung auseinandergeschraubt und wieder zusammengesetzt sowie die sieben Hölzer darin eingesetzt werden. Sogar mit einem Video – denn die grosse Halterung konnte nur in Teilen transportiert werden.
An jenem Donnerstagmorgen verpackten die Transportverantwortlichen Museumsobjekte und Halterung getrennt in zwei riesige, extra für diese Objekte gemachte Transportkisten. Damit die hölzernen «Tikal-Tafeln» klimatisch gesichert waren, kamen sie in eine Doppelthermo-Kiste, «eine Box in der Box», weshalb deren Ausmasse gross waren: ca. 3,5 auf 2 auf 2,5 Meter. Diese Kiste wog um die 420 Kilogramm.
Nachmittags fuhr Huber mit der Transportfirma mit ins Kunstdepot, wo die zwei Transportkisten «übernachteten». Am nächsten Morgen waren alle dann um sieben am Flughafen Zürich. Huber war dabei, wie die Kisten im Cargo-Bereich palettiert und gegen Mittag zum Flugzeug gefahren und zum Schluss eingeladen wurden. Huber erfuhr, dass jeweils einzig der Pilot genau über den, in diesem Fall wertvollen Inhalt einer Fracht an Bord, informiert ist.
In New York wurden die Kisten als erstes entladen. Das Transportteam vor Ort musste auf die Restauratorin aus der Schweiz warten, die halt das ganze normale Einreiseprozedere mitmachen musste. «Ich erhielt immer wieder SMS und wurde gefragt, wie weit ich denn nun sei», erzählt Huber.
Mit einem Lastwagen und einem Begleitfahrzeug ging es im Feierabendverkehr nach Manhattan. Auch da wurde stetig Kontakt gehalten, um sich nicht zu verlieren. Alles ging gut und die Registrarin nahm die Kisten im Met voller Freude entgegen.
Zuerst ruhen
Dort blieben sie einfach mal in einem sicheren Raum stehen. Damit sich die Hölzer ans Klima anpassen konnten. Am Dienstagmorgen wurden die Kisten auf einen riesigen Rolli geladen und durch die vielen, kilometerlangen, unterirdischen Gänge und in vielen Warenliften in die Ausstellungsräume transportiert, wo die Kisten dann aufgemacht wurden. Alle waren gespannt, besonders auch Kuratorin und Co-Kuratorin der Ausstellung. Alles war gut angekommen, dank allen Profis, die involviert gewesen waren, wie Huber betonte.
Für sie war spannend zu sehen, dass das Met für jeden einzelnen Arbeitsschritt ein eigenes Team hat. Das eine war zuständig fürs Herausnehmen der «Tikal-Tafeln» und Halterung aus den Kisten. Ein anderes – das Restaurierungsteam – kontrollierte daraufhin gemeinsam mit Huber den Zustand der Leihobjekte und glich ihn mit dem mitgebrachten Zustandsprotokoll ab. Ein drittes Team erschien, um die Halterung zusammenzuschrauben und an der Wand zu befestigen.
Am Tag darauf montiert das «Prepteam» gemeinsam mit Huber die Tafeln in die Halterung. Dabei mussten die stark gealterten und daher nicht mehr überall stabilen Hölzer angefasst werden, was die Museumsleute vom Met mit grosser Sorgfalt und Vorsicht angingen. Huber zeigte ihnen, welche Stellen sich zum kräftigen Anfassen der teils schweren Hölzer eher eignen gemäss der Erfahrungen aus Basel.
Danach schauten das Designerteam und die Kuratierenden der Ausstellung drauf. Sie fanden es super, dass sie die Tafeln bis ins kleinste Detail betrachten konnten, bevor sie hinters Plexiglas kamen. Ein letztes Team brachte schlussendlich die sehr schwere Plexiglashaube an.
Alle Teams seien super eingespielt, beobachtete Huber. Sie lobt den professionellen Umgang mit dem Leihobjekt. Sie erntete ihrerseits höchstes Lob für die gut funktionierenden und detailgenauen Vorbereitungen aus Basel, die sich bis zur eindeutigen Beschriftung der unterschiedlichen Schrauben für die Halterung erstreckte.
Sehr dankbar zeigte man sich auch über die Kartierung des Objekts, die den genauen Zustand zeigte, wo es Risse hat und das Objekt darum instabil ist zum Anfassen etc. Überhaupt schätzte man es, dass Huber mitgekommen war und die Kolleg*innen im Umgang mit den sieben nicht vertrauten und recht heiklen Hölzern unterstützen konnte.
Nonstop Klima messen
Am Mittwochnachmittag waren alle Arbeiten getan. Und ab sofort wurde das Klima hinter dem Plexiglas gemessen. Das Met hält dies nonstop bis Ausstellungsende fest.
Gemäss Huber muss die relative Luftfeuchtigkeit um 50 % liegen, damit die stark gealterten Hölzer nicht weiter schrumpfen oder quellen. Weil auch altes Holz «atme», müsse das Klima sehr stabil gehalten werden, deshalb auch der Transport in der doppelten Kiste.
Judith Huber freut sich, dass alles reibungslos gelaufen ist und der Zeitplan eingehalten werden konnte. Sie hat tolle Kolleg*innen kennengelernt und konnte sich mit ihnen austauschen. Die «Tikal-Tafeln» dürften sehr wahrscheinlich von New York über Texas nach Basel zurückkehren …