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Leerstelle? Von wegen!

Was geschieht, wenn im November der beschnitzte Baumstamm aus der Ausstellung «Alles lebt» nach Australien heimkehrt?

Der thulu in der Ausstellung «Alles lebt» zusammen mit dem Kunstwerk von Brian Martin

Im Januar stimmte der Regierungsrat von Basel-Stadt der Restitution des thulu, eines beschnitzten Baumstamms der Kamilaori, zu. Für die Kamilaroi ist der thulu mehr als ein Baum, der thulu ist ein Vorfahre und Familienmitglied.

Einst stand er auf einem Initiationsplatz und nahm mit seinen Einkerbungen Bezug auf geheime Motive, die sich in der Körperbemalung der Initianden und in Mustern auf dem Boden des Platzes wiederfanden. Der thulu steht für die tiefe Verbundenheit der Kamilaroi mit ihrem Land.

Zusammen mit einem Begleitfilm und einem Werk des australischen Künstlers Brian Martin, der selber Kamilaroi-Wurzeln hat, bildet der thulu den Auftakt der Ausstellung «Alles lebt – mehr als menschliche Welten». Doch wie wird es sein, wenn der thulu plötzlich weg ist, aus der Ausstellung und aus dem MKB?

Brian Martin anlässlich der Vernissage der Ausstellung «Alles lebt»

Digital oder analog?
Nicht nur in Gunnedah in New South Wales, wohin der thulu zurückkehrt, werden Pläne für seine Ankunft geschmiedet. Auch hier im MKB machen wir uns Gedanken, wie wir mit der Heimkehr des thulu umgehen werden. In Videokonferenzen gleichen wir zwischen Australien und der Schweiz unsere Vorstellungen und Wünsche ab und entwickeln gemeinsam neue Ideen weiter.

Für die Kamilaroi ist es klar, dass sie den thulu nicht vom MKB empfangen ohne eine Gegengabe zu leisten. Um sich ein genaues Bild des thulu machen zu können, hat Brian Martin den thulu anlässlich seiner Besuche im MKB nicht nur fotografiert, sondern auch einen 3D-Scan erstellt. Auf der Grundlage dieses Scans wollen die traditionellen Vertreter*innen eine Replik des thulu für das MKB herstellen.

Diese Replik würde die kulturellen Referenzen nicht in der gleichen Weise wie der thulu in sich tragen. Dafür würde er als Sinnbild für die gemeinsame Geschichte der Kamilaroi mit dem MKB stehen.

Brian Martin im Gespräch mit Regierungsrat Lukas Engelberger

Doch nicht nur die analogen Möglichkeiten werden ausgelotet: Die durch den 3D-Scan gesammelten Daten erlauben es uns, neue digitale Wege zu beschreiten. Durch eine Projektion kann eine Anwesenheit des thulu geschaffen werden, die auf seinen einstigen Aufenthalt im MKB verweist, obwohl er bald zurück sein wird in Australien.

Samen pflanzen
Der thulu wird nicht wieder lebendig, aber durch seine Heimkehr wird sein Same in einem übertragenen Sinn neu gepflanzt. Nicht nur in Gunnedah, wo sich Vertreter*innen der Kamilaroi überlegen, wo und wie der thulu seine neue Rolle einnehmen wird, sondern auch im MKB, wo die Heimkehr des thulu alles andere als eine Leerstelle entstehen lässt.