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«Kultur ist die beste Medizin»

Ein jahrhunderte alter beschnitzter Baumstamm, dhulu, ist auf der Heimreise nach Australien. Vertreter der Gemeinschaft der Gamilaraay, zu der er zurückkehrt, waren während einer Woche in Basel und haben dem Museum sowie der Öffentlichkeit ihre Kultur nähergebracht.

«Am Brigalow Creek sind meine Urgrosseltern schon aufgewachsen und ich lebe dort.» Wayne Griffiths erzählt vom Ort, wo er und der dhulu – ein beschnitzter Baumstamm, der bis Montag noch in der Ausstellung «Alles lebt» stand – herkommen. An die Wand projizierte Bilder zeigen eine wunderschöne Flusslandschaft. Der dhulu ist nun auf dem Weg dorthin zurück.

Noch ein letztes Mal nimmt Wayne Griffiths, Vertreter der Gamilaraay, eine heilende «Smoking Ceremony» vor

Fluss und Baum sind für die Gamilaraay lebendige Wesen. Greg Griffiths, einer der Ältesten der Gemeinschaft, erklärt, dass der Fluss das Symbol der Frau ist. Der dhulu ist ein Ahne. Er wird ab 2025 der jungen Generation in New South Wales in Australien vom Wissen, den Regeln und Bräuchen ihrer Vorfahr*innen berichten.

Jede Linie, jede Schnitzerei hat eine bestimmte Bedeutung. Zum Beispiel ist das «Kreuz des Südens» darin verwoben. Dieses Sternbild sei von der Baumart kreiert worden, zu der der dhulu zählt. Es ist ein Roter Eukalyptus. Greg Griffiths erzählt die Legende und schliesst mit den Worten: «Was auf der Erde ist, ist auch im Himmel».

Wayne Griffiths, Vertreter der Gamilaraay, im Gespräch mit dem Basler Regierungspräsident Conradin Cramer und Kuratorin Beatrice Voirol

Nach dem Vorbild des heimkehrenden dhulu hat Wayne Griffiths zusammen mit seinem Bruder Michael einen neuen dhulu beschnitzt und als Geschenk mit nach Basel gebracht. Noch in Australien hat er eine «Smoking Ceremony» abgehalten – und dann auch wieder nach der Ankunft im Museum sowie anlässlich des offiziellen Austauschs der beiden Bäume.

Reinigung für alle

Diese Zeremonien sind für die Gamilaraay sehr wichtig. «Zum einen schützen sie die Bäume. Zum anderen ist es eine Reinigung, für Baum und Menschen», sagt Wayne Griffiths und fährt fort: «Dies ist auch als Anerkennung zu verstehen. Unser Dank gilt dem Museum und den Mitarbeitenden. Auf diese Weise geben wir ihnen beste Energie mit und vertreiben alle bösen Geister.» Greg Griffiths fügt an, dass damit der spirituelle Zugang zu anderen Welten geschaffen wird.

Dieser Zugang wurde einfach gefunden, meint Professor Brian Martin von der Monash University, der auf einer Forschungsreise den Baum im Museum entdeckt hatte. «Das Museum hat den Wunsch geäussert, den dhulu zurückzugeben und das konnten wir den Geistern mitteilen. Es erleichterte zudem das Vererden des alten dhulu. Für den Baum war auch wichtig, die alte Sprache wieder zu hören.»

Vertreter*innen aus Australien und aus Basel signieren die Restitutions-Urkunde

Mit dem neuen dhulu möchten die Gamilaraay ihre Kultur mit allen Besucher*innen des Museums teilen. Greg Griffiths betont: «Wir können euch den dhulu schenken, weil unsere Kultur noch lebt! Die Vergangenheit können wird nicht ändern, aber die Zukunft. Also teilen wir die älteste Kultur der Welt, unsere Geschichten und unser Wissen mit der Welt.»

Er sagt, sie würden die Schnitzereien des alten dhulu nach wie vor studieren. Und gäben jegliche neue Information gerne weiter. Denn nicht sie hätten es geschaffen, sondern sie seien die «caretakers». «We do not own it, it owns us.»

Heilender Akt

Er hat darauf bestanden, den Kopf einer Axt mitzubringen, die neben dem neuen dhulu platziert werden soll. Er wollte dem Neuen etwas Altes mitgeben.

Der dhulu wird sorgfältigst zu seiner Verpackung transportiert. Er fliegt am Dienstag nach Australien

Wie es mit dem heimkehrenden dhulu weitergeht, ist noch nicht klar. Es sei eine komplexe Angelegenheit und es brauche noch weitere Gespräche mit der Gemeinschaft, sagen die Vertreter der Gamilaraay in Basel. Greg Griffiths erklärt jedoch, die Heimkehr sei ein heilender Akt für alle: «Kultur ist die beste Medizin!»

Kuratorin Beatrice Voirol verabschiedet sich bewegt vom dhulu