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Mongolei in Basel

Wissenschaftler*innen der Universität Bern besuchten die Sammlung von Richard und Magdalena Ernst. Dabei wurden überraschende Entdeckungen gemacht und es kam zu einem regen Austausch zwischen Museum und Wissenschaft.

Der berühmte Nobelpreisträger Richard R. Ernst, der 2021 verstorben ist, hat dem Museum der Kulturen Basel (MKB) eine grosse Sammlung an Objekten aus der Mongolei hinterlassen. Zusammen mit seiner Frau Magdalena hat er viele Objekte, insbesondere buddhistische Thangkas – Malereien auf Stoff – aus Tibet, der Mongolei und Nepal angekauft. Magdalena Ernst hat nach dem Tod ihres Mannes entschieden, dass der mongolische Teil der Sammlung ans MKB kommen soll.

Auf einem Tisch stehen und liegen verschiedene Gegenstände, teilweise in weisses Papier eingepackt. Im Vordergrund ist eine braune Schachtel zu sehen, daneben eine kleine Figur. Dahinter sitzt eine weitere Figur.

Ein Teil der Objekte aus der Ernst-Sammlung: ganz vorne eine Statue von Zanabazar (in Farbe) © Yuuki Koller

Die Bearbeitung dieser Objekte hat nun begonnen und von Beginn an wurde die wissenschaftliche Community miteinbezogen, was sicher dem Wunsch des Ehepaares Ernst entsprochen hätte. Die beiden haben oftmals Gäste aus aller Welt in ihrem Haus empfangen, darunter viele Wissenschaftler*innen mit Expertise bezüglich Tibet und der Mongolei. Dies wird nun im MKB weitergeführt.

Hinter einem Tisch, auf dem viel weisses Papier liegt, stehen fünf Personen. Sie schauen auf ein Rollbild in der Mitte des Tisches. Vier Personen sprechen miteinander, eine Person macht Notizen. Hinter ihnen sind ganz viele grüne Schubladen zu sehen.

Naranjargal Oyunbaatar, Karénina Kollmar-Paulenz und Piotr Sobkowiak (v.l n.r) von der Universität Bern und Michaela Wisler und Santoš Smiřický vom MKB schauen sich ein Citipati-Thangka an © Yuuki Koller

Im Februar waren drei Wissenschaftler*innen der Universität Bern im Depot am Tellplatz zu Besuch, um sich die Objekte anzuschauen. Karénina Kollmar-Paulenz, emeritierte Professorin der Religionswissenschaft und eine ausgewiesene Expertin für mongolische Religionsgeschichte, war für die Vermittlung der Sammlung Ernst ans MKB mitverantwortlich und hat zusammen mit Piotr Sobkowiak und Naranjargal Oyunbaatar, zwei Forschenden im Bereich der Mongolistik, viele der Objekte gesichtet.

Unerwartete Überraschungen

Dabei kamen unerwartete Überraschungen zu Tage. Es war bekannt, dass Richard Ernst insbesondere an Thangkas interessiert war und viele von diesen gesammelt hat, da er sich für Farbanalysen interessierte und diese teilweise auch selber durchführte. Die aussergewöhnliche und sehr umfangreiche Sammlung an Tsaklis – kleine Ritualkarten für den alltäglichen religiösen Gebrauch – war jedoch für alle überraschend zu sehen.

In einem Raum mit zwei Tischen und Möbeln mit ganz vielen grünen Schubladen stehen vier Personen. Sie schauen sich etwas Farbiges auf einem der Tische an, was, ist nicht genau zu sehen. Eine der Personen steht auf einer Leiter und macht Fotos.

Naranjargal Oyunbaatar, die ursprünglich aus der Mongolei kommt, macht ein Foto des Begtse-Thangkas © Yuuki Koller

Auf einem Tisch liegt ein grüner Ordner. Er ist aufgeschlagen und enthält Sichtmäppchen. Darin stecken kleine Kärtchen. Von jenen links sind die Vorderseiten zu sehen, auf denen Figuren aufgemalt sind. Von jenen rechts sind die Rückseiten zu sehen, die jeweils eine Nummer enthalten.

Einige Tsaklis noch in der ursprünglichen Aufbewahrung von Richard Ernst © Yuuki Koller

Tsaklis stehen normalerweise nicht im Fokus von Sammler*innen, da sie zu den religiösen Alltagsobjekten gehören und oftmals unscheinbar daherkommen. Sie können uns aber viel über religiöse Vorstellungen jenseits der Klöster erzählen und geben uns Auskunft, an was Laienpersonen geglaubt haben.

Ein seltenes Dokument
Ein weiteres sehr unscheinbares Objekt, das noch eine grössere Überraschung bot, war ein unscheinbares Stück Stoff mit traditioneller mongolischer Schrift. Ein Wissenschaftskollege der Universität Bern, Zolboo Sandagjav, konnte das Schriftstück übersetzen und es als seltenes Dekret des letzten Bogd Khan – der letzte theokratische Herrscher der Mongolei bevor diese 1924 sozialistisch wurde – erkennen.

In einem Plastikmäppchen ist ein Schriftstück, das mit schwarzer Tinte in einer nicht lesbaren Schrift beschriftet ist.

Das Dekret des Bogd Khan, in traditioneller mongolischer Schrift auf weisser Seide mit offiziellem Stempel © Zolboo Sandagjav

Durch die sozialistischen Säuberungen in den 1930er-Jahren sind viele dieser Dokumente zerstört worden. Das MKB hat aber nun ganz überraschend ein solches Stück in seinem Bestand.

Wir sind gespannt welche weiteren Besonderheiten diese Sammlung noch für uns bereit hält.